Bundestrainer-Suche: Auffällig oft fällt der Name van Gaal
Im Moment, das bleibt nach dem Frankreich-Spiel der deutschen Nationalmannschaft festzuhalten, ist die Tür für einen Trainer ohne deutsche Staatsbürgerschaft offen. Das gab es zwar noch nie in der Geschichte des DFB. Doch die Not ist groß. Bis zum 9. Oktober muss ein Ersatz für Hansi Flick gefunden werden, dann hebt der Flieger zur Länderspielreise nach Amerika ab. Die Partie gegen die USA (14. Oktober) und das Duell gegen Mexiko in Philadelphia (18. Oktober) stehen an – und Rudi Völler will ja partout nur Sportdirektor sein und kein Trainer mehr.
„Wir schließen im Moment keine Option aus. Ob deutscher Trainer oder ausländischer Trainer. Wir schlagen keine Tür zu“, hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf kurz vor der Partie gegen die Franzosen gesagt. „Wir brauchen eine Person“, postulierte er „die durchsetzungsstark ist und die belastbar ist.“
Das ließ aufhorchen, jedenfalls ist damit der Ball auch für Louis van Gaal im Spiel, zweifelsohne. Der niederländische Star-Coach wollte an sich in Rente gehen, so hat er es schon vor der WM in Katar gesagt. Da war er mit den Holländern nach dramatischen Spiel und Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen den späteren Weltmeister Argentinien unglücklich ausgeschieden. Doch van Gaal hat schon oft gesagt, er wolle aufhören – und dann war er auf einmal wieder auf irgendeiner Fußballbühne präsent, ob mit einem Klub oder eben dem niederländischen Nationalteam, dem er insgesamt dreimal in seiner Karriere vorstand.
Louis van Gaal fliegen in Deutschland viele Herzen zu
Der 72-Jährige kokettierte beim Blick auf die deutsche Nationalmannschaft bereits am Sonntag in der BILD. Flick war gerade entlassen worden und van Gaal sagte: „Normalerweise trainiere ich nicht mehr bei einem Verein, aber ein vielversprechendes Land hat immer noch eine Chance, mich zu überzeugen.“
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Er selbst muss das nicht mehr, zu respektabel sind seine Meriten. Bei den Bayern schied er zwar 2011 vorzeitig und im Unfrieden aus, hatte aber im Sommer zuvor neben Meisterschaft, Pokalsieg und Einzug ins Finale der Champions League auch viele Herzen in Deutschland erobert. Nebenbei formte er den damaligen Jugendspieler Thomas Müller („Müller spielt immer“) zum Profi und Nationalspieler. Bayerns einstiger Kapitän Philipp Lahm sagte später, als die Münchener 2013 das Triple gewonnen hatten, der Erfolg fuße auf van Gaals Spielidee.
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Lahm, beim DFB Cheforganisator der EM im nächsten Jahr in Deutschland, ist nun einer der Fürsprecher des Altmeisters. Der BILD sagte er mit Blick auf die Neubesetzung des Bundestrainer-Postens: „Louis van Gaal steht als Trainer auf dem Platz für Disziplin, Ordnung und Struktur in der Spielweise seiner Mannschaften. Er vermittelt dies stets durch eine sehr klare Ansprache. Beim FC Bayern war er der richtige Mann, der den Verein zum richtigen Zeitpunkt mit seiner Spielidee geprägt hat. Er ist eine starke Persönlichkeit mit sehr viel Erfahrung, die er im internationalen Spitzen-Fußball als Vereins- und Nationaltrainer gesammelt hat.“
Am Dienstagabend, als einmal mehr klargestellt wurde, dass Interims-Trainer Völler nicht daran denkt, trotz des 2:1-Sieges gegen Frankreich Bundestrainer zu bleiben, gesellte sich dann auch noch Bastian Schweinsteiger zu den Fürsprechern. Wie Lahm ein ehemaliger Zögling van Gaals bei den Bayern, sagte er als Experte der ARD, es sei sein „Wunsch, beziehungsweise das, was für die Mannschaft am besten wäre, ist Louis van Gaal“.
Im Vergleich zu Flick wohl eine billige Lösung
Der habe schon „große Schlachten gewonnen“, skizzierte Schweinsteiger, „erinnern wir uns an die WM in Katar, wie weit er die Niederländer dort gebracht hat. Die Mannschaft braucht eine Persönlichkeit, die große Schultern hat. Das ist enorm wichtig. Wenn du mal nicht so gut spielst, dann läufst du an dem nicht so einfach vorbei. Der sagt auch ein paar Worte“.
Ein Welttrainer: Louis van Gaal erarbeite sich während seiner Zeit beim FC Bayern aufgrund seines autoritären Auftretens den Spitznamen „Tulpengeneral“
Quelle: picture alliance/empics/Martin Rickett
Van Gaal dürfte für den klammen und gegen ein immens großes Finanzdefizit ankämpfenden DFB zudem eine Lösung sein, die wohl relativ problemlos zu stemmen wäre. Laut einem Report von „Finance Football“ soll er als Bondscoach nur rund 2,9 Millionen Euro verdient haben – Hansi Flick dagegen soll dem Bericht zufolge ein Salär von rund 6,5 Millionen Euro bekommen haben.
Van Gaal dürfte damit auch weit weniger zu Buche schlagen, als etwa Julian Nagelsmann. Für den noch beim FC Bayern unter Vertrag stehenden 36-Jährigen würden die Münchener nach Informationen der BILD zwar keine Ablöse vom DFB verlangen. Der Verband müsste sich aber mit Nagelsmann neben den Gehaltsvorstellungen auch darüber einig werden, wie der mit seinem Ex-Klub zu verfahren gedenkt. Denn klar ist: Bayern München gedenkt nicht, ihm den eventuellen Abschied zum DFB noch mit einer Entschädigungszahlung zu versüßen, wie in solchen Fällen bei vorzeitiger Vertragsauflösung durchaus üblich.
„Der Haken ist das Gehalt – Wir wissen alle, der DFB ist ein bisschen klamm“
Gerade einmal 36 Jahre alt ist Ex-Bayern-Trainer Julian Nagelsmann. Der ehemalige Nationalspieler Jimmy Hartwig weiß trotzdem gute Gründe, warum Julian Nagelsmann infrage kommen könnte. Im WELT-Interview analysiert er die aktuellen Entwicklungen.
DFB-Sportdirektor Völler, der neben Verbandspräsident Neuendorf und DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke die Trainersuche zum Abschluss bringen muss, ließ nach dem Sieg am Dienstagabend gegen Frankreich auch aufhorchen. Auf die Frage, ob der neue Bundestrainer ein Deutscher sein müsse und was er denn von van Gaal halte, antwortete Völler: „Es ist wichtig, dass es ein deutschsprechender Nationaltrainer ist. Und natürlich auch ein Top-Mann. Alle die genannt wurden, und noch nicht abgelehnt haben, sind alle Top-Trainer.“
Zur Erinnerung: van Gaal spricht gut Deutsch. Auch potenzielle Gedankenspiele, nur einen Projekttrainer für die möglichst erfolgreiche Bewältigung der Heim-EM zu installieren und danach auf eine andere, dauerhafte Lösung zu bauen, sind mit van Gaal eher denkbar als etwa mit Nagelsmann.
Selbst van Gaals gesundheitlicher Zustand gibt aktuell keinen Anlass mehr zur Sorge. Er hatte ja im April des vergangenen Jahres publik gemacht, dass er wegen einer aggressiven Form des Prostatakrebs in Behandlung sei. Bei der WM in Katar war davon schon nichts mehr zu spüren oder zu sehen. Er wirkte vital wie eh und je, gilt als geheilt. Als er nun vergangene Woche für seine Verdienste um den niederländischen Fußball mit dem „Eredivisie Oeuvre Award“ ausgezeichnet wurde, gab er weitere Einblicke, wie es um ihn steht. „Ich wurde vor drei Wochen operiert, um alles zu reparieren. Damit ich mein Wassermanagement wieder in den Griff bekomme“, sagte er: „Ich muss am 19. September zurückkommen. Dann ist alles aktiviert. Und dann könnte das Wunder geschehen, dass ich wieder alleine auf die Toilette gehen kann.“
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