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Er outete sich vor acht Monaten: Handball-Star spricht über Schwulen-Witzen in der Kabine | Sportmix

Vor acht Monaten machte er seine Homosexualität öffentlich. Handballer Lucas Krzikalla (29), Rechtsaußen bei Bundesligist SC DHfK Leipzig, im Interview über sein „neues Leben“ – und was er den Fußballern rät.

SPORTBILD: Was hat sich seitdem verändert in ihrem Leben?

Lucas Krzikalla: „Das Gute ist, dass sich nichts verändert hat. Klar, die Öffentlichkeit weiß es jetzt. Aber es wurde ganz normal aufgenommen. Geändert hat es sich insofern nur, dass sich viele jetzt einen Rat holen wollen und ich viele Fragen bekomme – wie ich es meiner Familie, meinen Freunden erzählt habe. Die kommen von Privatpersonen, auch aus dem Breitensport. Das hat meinen Weg dann noch mal bestätigt. Das fand ich sehr schön. Mir haben damals immer die Vorbilder gefehlt. Da wollte ich selbst gern ein Vorbild sein.“

Es gab viele Nachrichten von Stars wie Stefan Kretzschmar und Silvio Heinevetter. Was stand da drin?

Krzikalla: „Kurz und knapp. Hut ab. Respekt davor. Nichts spektakuläres. Keine ellenlangen Romane. Es waren auf jeden Fall viele schöne Nachrichten.“

Er outete sich vor acht Monaten: Handball-Star spricht über Schwulen-Witzen in der Kabine | Sportmix

Rechtsaußen Lukas Krzikalla steht seit 2012 beim SC DHfK Leipzig unter Vertrag

Foto: Harry Langer/DeFodi Images

Hatten Sie nach ihrem Coming Out gehofft, dass noch weitere Sportler folgen?

Krzikalla: „Ich dachte mir, vielleicht nimmt es noch bisschen mehr Fahrt auf. Aber ich denke auch, dass ich damals auch meine Zeit gebraucht habe. Dass es jetzt nicht von Null auf Hundert geht, ist auch klar. Aber es wird von Jahr zu Jahr besser. Der Fußballer Jakub Jankta von Sparta Prag hat es ja auch öffentlich gemacht in seiner aktiven Karriere. Klar, das ist noch einmal ein Meilenstein, weil es im Fußball passiert ist – leider zwar nicht in Deutschland, aber in Tschechien. Da habe ich die Kommentare bei Instagram gelesen – und da gab es auch viele negative, die bei mir aber nahezu komplett ausblieben. Es waren, vielleicht sechs oder sieben.“

Gab es bei Ihnen in der Öffentlichkeit mal Probleme?

Krzikalla: „Nee, gar nicht. Einmal habe ich über die Geschäftsstelle Post von einem anonymen Absender bekommen. Darin wurde ich beschimpft und mir nahegelegt, dass ich in ein Umerziehungslager gehen oder lieber sterben soll. Das war schon krass und hat mich kurz beschäftigt. Ich habe Anzeige gegen Unbekannt erstattet.“

Warum tun sich gerade die Fußballer schwer, einen ähnlichen Weg zu gehen?

Krzikalla: „Da geht es noch mal um andere Summen als im Handball – die eigentlich für die Sache egal sein sollten. Ich denke, vielleicht haben die auch Angst, keinen Vertrag mehr zu bekommen. Aber das ist reine Spekulation von mir. Eine wirkliche Antwort habe ich da nicht. Klar, die Fankultur ist auch eine andere. Die Zuschauerzahlen sind größer und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch welche darunter sind, die damit nicht einverstanden sind und da dumme Kommentare kommen. Mit der Zeit habe ich eingesehen, dass ein Versteckspiel keinen Sinn macht.“

Was würden Sie denen raten?

Krzikalla: „Ich würde ihn bestätigen. Wenn man einen sicheren Background hat mit Freunden und Familie – auf die kommt es an. Und nicht auf die Fans da draußen.“

Was war Ihre größte Angst?

Krzikalla: „Dass man mich anders sieht. Man mich vielleicht nicht mehr als Handballer will. Man hat ja immer so ein Gedankenkarussell im Kopf. Weil es so viele verschiedene Vorurteile gibt. Aber ich glaube, dass der Handball da sehr fortschrittlich ist, so dass ich mir unbegründet Sorgen gemacht habe.“

Hat sich in der Kabine gar nichts verändert?

Krzikalla: „Alles beim alten, auch beim duschen. Ganz normale Gespräche. Wir gehen ganz normal miteinander um.“

Und gab es irgendwann auch mal Schwulenwitze in der Kabine?

Krzikalla: „Ab und zu kam da aber mal was. Auch auf Busfahrten. Jetzt eher nicht mehr.“

Warum sind Frauen offener?

Krzikalla: „Die haben ja einen ähnlichen Weg beschritten, sind uns Männern im Sport allerdings ein paar Jahre voraus. Es ist jetzt völlig normal. Daran kann man sich orientieren. Schritt für Schritt geht es in die richtige Richtung.“

Ist ihr Freund eigentlich eifersüchtig?

Krzikalla: „Nee. Das ist ein Berufsleben, da muss er sich keine Sorgen machen. Es ist ja nichts anderes, als wenn er zur Arbeit geht – auch wenn es da etwas mehr gemischt ist. Also, ich habe es zumindest noch nicht mitbekommen, dass er eifersüchtig ist. Vielleicht traut er es mir aber auch nicht zu sagen (lacht).“

Sie haben ja erst spät festgestellt, auf Männer zu stehen. Warum war das so?

Krzikalla: „Ich bin mit 16 aus Großenhain nach Leipzig gekommen, für den Sport. Und ich wollte alles dafür tun, mir meinen Traum zu erfüllen. Da sind private Sachen immer hinten runter gefallen. Mit Frauen oder Männern habe ich mich da gar nicht so genau beschäftigt. Da hatte ich gar nicht so den Kopf dafür. Erst später habe ich deshalb gemerkt, dass es der Mann ist, mit dem ich in einer Beziehung sein möchte. Das war aber auch nicht von heute auf morgen. Eine Zeitlang hatte ich auch was mit beiden Geschlechtern, eine Selbstfindungsphase sozusagen.“

Sie mussten sich auch sehr verstellen bei Mannschaftsabenden zum Beispiel.

Krzikalla: „Du hast schon geschaut, dass du dich nicht verplapperst. Man kann aber auch sagen, dass man allmählich zum Profi-Lügner wurde, was das angeht. Und da habe ich die eigenen Bedürfnisse auch zurückgestellt, um nicht aufzufliegen.“

Mit dem Wissen von heute, hätten Sie sich eher geoutet?

Krzikalla: „Man hätte gemerkt, dass man sich viele Gedanken um nichts macht. Aber ich habe diese Zeit auch einfach gebraucht.“

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Haben Sie schon über Ehe und Kinder gesprochen?

Krzikalla: „Ja, haben wir. Am Anfang hat Chris keinen Grund gesehen, um zu heiraten. Es war für ihn nicht so relevant. Ich bin totaler Befürworter einer Ehe. Und mittlerweile kann er sich das auch vorstellen.“

Wohnen Sie inzwischen zusammen?

Krzikalla: „Nein. Er ist mit seinem Job als Finanzmanager in München fest verankert, ich bin hier gebunden. Also bleibt es vorerst eine Fernbeziehung, wir pendeln. Ich habe eine Bahncard 50, die lohnt sich (lacht). Wir kriegen es aber hin, uns jedes Wochenende zu sehen.“

Macht ihr Partner eigentlich Sport?

Krzikalla: „Nicht mehr, aber er war Profi-Tänzer.“

Wo haben Sie sich kennengelernt?

Krzikalla: „Während Corona. Über Silvester in Zürich. Über einen Kumpel von ihm. Es hatte schnell gefunkt.“

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