Nagelsmann: Diese Entlassung ist das bittere Ende eines mutigen Projektes
Meinung Nagelsmanns Entlassung
Das bittere Ende eines mutigen Projektes
Stand: 00:00 Uhr | Lesedauer: 3 Minuten
Quelle: Getty Images/Clive Rose
Der FC Bayern trennt sich von Trainer Julian Nagelsmann. Es ist eine harte und folgenreiche Entscheidung. Sie ist von der Angst der Klubführung geprägt. Beim als Nachfolger gehandelte Thomas Tuchel nutzt sie nun das Momentum.
Die Angst vor einer erneut enttäuschenden Saison war zu groß, das Vertrauen zu gering. Die Bosse des FC Bayern haben sich entschieden, Julian Nagelsmann nach gerade einmal 21 Monaten im Amt als Trainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters zu entlassen. Ihr Entschluss ist hart, überraschend und folgenreich.
Eine Woche vor dem Topspiel der Bundesliga gegen Borussia Dortmund besetzt der Klub eine der begehrtesten Stellen im europäischen Fußball neu: Thomas Tuchel soll in den kommenden Tagen seinen Vertrag unterschreiben. Nagelsmann erfuhr von seiner Dimission aus den Medien, an diesem Freitag will ihm die Klubführung die Entscheidung persönlich mitteilen.
Der Zeitpunkt erstaunt, gerade hatte sich Nagelsmann mit seinem Team im Achtelfinale der Champions League gegen Paris St. Germain durchgesetzt. Doch es folgte die Niederlage gegen Bayer Leverkusen in der Liga. Zuvor hatten die Münchner unter Nagelsmann bereits viele Punkte und damit den Vorsprung auf den aktuellen Tabellenführer Dortmund verspielt. Die Klubbosse um Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic waren nicht mehr überzeugt, sie sahen seit Längerem zu viele Schwankungen und Fragezeichen. Die Mannschaft zeigte unter Nagelsmann zu selten konstant Topleistungen. Die öffentlichen Treueschwüre der vergangenen Wochen waren am Ende wenig wert.
Lesen Sie auch
Aktion gegen Hass im Netz
Dabei sollte Nagelsmann eine Ära prägen, die Bayern-Chefs hatten ihm bei Amtsantritt 2021 einen Vertrag über fünf Jahre gegeben. Mit bis zu 25 Millionen Euro Ablöse ein sehr teurer Trainer. In seiner ersten Saison gewann der 35-Jährige jedoch nur einen Titel.
Lesen Sie auch
Nagelsmann war der einzige junge deutsche Trainer bei einem Weltklub. Die öffentliche Kritik seines Kapitäns und Torwart Manuel Neuer rund um die Entlassung des Torwarttrainers Toni Tapalovic hatte zuletzt Fragen zum Binnenverhältnis zwischen Neuer, Mannschaft und Trainer aufgeworfen. Ehrenpräsident Uli Hoeneß schützte Nagelsmann öffentlich. Es nützte am Ende nichts. Die Bosse fürchteten eine Saison ohne Titel – ein Gau beim FC Bayern. Deswegen nehmen sie nun wohl eine hohe Abfindung für Nagelsmann in Kauf.
Tuchel war verfügbar, die Bayernbosse nutzten die Chance, den auch von anderen Topklubs umworbenen Trainer zu kontaktieren. In ihm kommt ein Coach zum Rekordmeister, der ein exzellenter Fachmann ist und Erfahrung in großen Klubs hat: Er trainierte unter anderem Paris St. Germain, den FC Chelsea und Dortmund, ist geübt im Umgang mit internationalen Stars. Die Bayern waren in der Vergangenheit bereits an ihm interessiert. Im Topspiel trifft er nun ausgerechnet auf seinen Ex-Klub BVB, danach im Viertelfinale der Champions League auf Manchester City. Tuchel hatte bei seinem vorherigen Klubs mehrfach Probleme mit den Verantwortlichen. Seine Zusammenarbeit mit Salihamidzic und Kahn wird entscheidend für den Erfolg des Klubs.
Der FC Bayern hatte mit Julian Nagelsmann Großes vor. Am Ende seiner Zeit in München steht lediglich ein Titel. Einer weniger als Niko Kovac, dem das Double gelang. Für Nagelsmann ist es die erste Entlassung seiner Karriere als Cheftrainer im Profifußball. Der FC Bayern und er – es hat nicht gut genug funktioniert. Ein mutiges Projekt mit einem der jüngsten Trainer der Klubgeschichte geht erfolglos zu Ende.